Diabetes-Wissen

Humaninsulin – Neue Erkenntnisse zur Temperaturstabilität

Insulin Eis Pixabay

Insulin muss gar nicht ständig gekühlt und akribisch kalt gehalten werden.1

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Insulin, seit 1977 auf der Liste der unverzichtbaren Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation (WHO), hat einen entscheidenden Einfluss auf das Leben von Millionen von Menschen mit Diabetes weltweit. Die herkömmliche Empfehlung lautet, Insulin vor der Anwendung kühl zu lagern, um die Wirksamkeit zu gewährleisten. Die Cochrane Metabolic and Endocrine Disorders Group mit Sitz in Düsseldorf hat jedoch kürzlich in einem Review, veröffentlicht in der Cochrane Database of Systematic Reviews, überraschende Erkenntnisse darüber vorgestellt, dass Humaninsulin möglicherweise weniger temperaturanfällig ist als bisher angenommen.

Hintergrund

In vielen Teilen der Welt leben Menschen mit Diabetes in Gebieten, in denen der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen und Kühlung begrenzt ist. Dies stellt eine erhebliche Herausforderung dar, insbesondere in Katastrophensituationen, bei extremen Hitzeperioden oder in Kriegsgebieten. Um die Versorgungssicherheit in solchen Situationen zu gewährleisten, wurde die Frage aufgeworfen, wie stark die Lagerung von Insulinampullen, -patronen und -pens außerhalb von Kühlsystemen die Wirksamkeit beeinträchtigen könnte.

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Die Studie

Die Arbeitsgruppe unter der Leitung von Bernd Richter vom Institut für Allgemeinmedizin der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf führte einen umfassenden Cochrane Review durch. Dabei wurden nicht nur 17 vorhandene Studien einbezogen, sondern auch bisher unveröffentlichte Daten von pharmazeutischen Herstellern berücksichtigt. Das Ziel war es, die Stabilität von Insulin bei unterschiedlichen Lagerungsbedingungen zu untersuchen.

Erstaunliche Ergebnisse

Die Studie kommt zu überraschenden Schlussfolgerungen. Gemäß den Erkenntnissen ist es möglich, ungeöffnete Ampullen und Patronen von kurz- und mittellangwirkendem Insulin sowie Mischinsulin bei Temperaturen von bis zu 25 Grad Celsius maximal sechs Monate lang aufzubewahren, ohne dass es zu einer klinisch relevanten Abnahme der Insulinaktivität kommt. Bei Temperaturen von bis zu 37 Grad Celsius ist eine Aufbewahrung von bis zu zwei Monaten möglich.

Selbst eine Lagerung von bis zu drei Monaten bei Temperaturen, die den Tages- und Nachtschwankungen in tropischen Ländern ähneln, führt nicht zu einem klinisch relevanten Verlust. Dies unterstreicht die robuste Natur von Humaninsulin in Bezug auf Temperaturschwankungen.

Forschungsbedarf und Ausblick

Trotz dieser vielversprechenden Ergebnisse betont die Arbeitsgruppe die Notwendigkeit weiterer Forschung, um die Stabilität von Insulin unter verschiedenen Bedingungen genauer zu bewerten. Besonders im Fokus steht dabei die Untersuchung von geöffneten Ampullen sowie die Auswirkungen besonders niedriger Umgebungstemperaturen auf die Insulinaktivität.

Fazit

Die Erkenntnisse aus dem Cochrane Review bieten einen neuen Blickwinkel auf die Lagerung von Humaninsulin. Die Möglichkeit, Insulin bei höheren Temperaturen für einen längeren Zeitraum zu lagern, eröffnet Potenziale für eine verbesserte Versorgung in Regionen mit eingeschränktem Zugang zu Kühltechnologien. Diese Entdeckung könnte auch in Notsituationen und Krisengebieten eine entscheidende Rolle spielen. Während weitere Forschung notwendig ist, markiert diese Studie einen wichtigen Schritt in Richtung einer flexibleren und zugänglicheren Insulinversorgung weltweit.

1 Cochrane Metabolic and Endocrine Disorders Group – Cochrane Database of Systematic Reviews (2023; DOI: 10.1002/14651858.CD015385.pub2).

Bildquellen:
  • insulin-eis-pixabay: Pixabay

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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 7. Dezember 2023 | Revision: 25. April 2024

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